Entschuldigung

Interview durch Rebecca Smit fuer das Magazin No 29 vom 20.07.2001 der Sueddeutschen Zeitung

den Text fand ich sehr interessant - mal ein ganz anderer Blick auf die Heiratsvermittlung armer Frauen aus anderen Laendern. Sein ganzes Leben einfach so aufzugeben fuer einen Mann, den man gar nicht genau kennt, geschweige denn liebt. Da muss man schon verdammt verzweifelt sein...

Die Aethiopierin Rahel Gizachew, 18, kam nach Deutschland, um einen 68-jaehrigen zu heiraten. Nun ist sie untergetaucht.

>>Frau Gizachew, wir moechten uns dafuer entschuldigen, dass ein Deutscher Sie aus Afrika herkommen liess, um Sie zu heiraten - und nach zwei Tagen nichts mehr von Ihnen wissen wollte.<<

Ich verstehe das gar nicht. Ich haette doch alles fuer Ihn getan. Ich haette Deutsch gelernt, waere fuer ihn da gewesen, haette versucht, seine Wuensche zu erfuellen.

Ihn stoerte, dass sie nur Amharisch sprechen, aber keine Wort Englisch oder Deutsch. Ausserdem war ihm Ihr Auftreten zu unsicher. Aber er wollte mich doch. Er mochte mein Gesicht, meinen Koerper - wenn er mir Zeit gelassen haette, haette ich alles gelernt.
Wo sind sie ihm begegnet?  Auf einem Markt in Addis Abeba. Er hat einem Bekannten 3000 Mark gegeben und mich mitgenommen.
Er hat sie gekauft?  Was wissen Sie schon vom Leben in Aethiopien! Ich hatte nichts, wusste nicht, wovon ich leben sollte. Meine Freundinnen und ich haben deshalb oft weisse Maenner angesprochen. Wir hofften, dass sie uns in ihr Land mitnehmen und heiraten wuerden.
War Ihnen der Mann sympathisch?  Ja, er war sehr nett zu mir. Nachdem er die Vermittlungsgebuehr bezahlt hatte, haben wir in einer Bar etwas getrunken. Dann gingen wir zussammen in ein Hotel. Am naechsten Tag liess er mir durch einen Dolmetscher sagen, dass er mich sehr gern habe und nach Deutschland holen wolle. Es war wie ein Traum.
Fuenfzig Jahre Altersunterschied und das Sprachproblem waren Ihnen egal?  Ich mochte ihn, weil er so gut zu mir war. Er hat mir noch etwas Geld gegeben und mich fuenf Monate spaeter mit Hilfe eines Partnervermittlungsbueros nach Deutschland geholt. Dafuer hat er sogar das erforderliche Eheversprechen abgegeben.
Dann standen Sie sich am Muenchner Flughafen gegenueber...  Und er war wuetend, dass ich zwei Koffer dabeihatte. Er haette schon Kleider fuer mich gekauft, sagte er, die alten Sachen brauchte ich nicht mehr. Er wollte, dass ich keine Vergangenheit mehr habe. Er hat mir sogar verboten, meine Mutter anzurufen.
Wirklich?  Bei sich zu Hause hatte er das Telefon fuer Auslandsgespraeche sperren lassen. Also lieh ich mir Geld und rief meine Mutter von einer Telefonzelle an - ich wollte nur sagen, dass ich angekommen bin. Da riss er mir den Hoerer aus der Hand und schimpfte.
Ein denkbar schlechter Start fuer eine Partnerschaft.  Es war ganz fuerchterlich. Er hat immer geredet und geredet und ich habe kein Wort verstanden. Er hat mir die Kueche gezeigt, die Toepfe und das ganze Essen, aber das war alles fremd fuer mich, ich wusste nicht, was ich dort haette machen sollen. Das Essen, das ich mag, gibt es hier nicht. Und das, was er mir gegeben hat, habe ich nicht runterbekommen. Er wurde dann sehr ungeduldig. Er dachte wohl, ich sei undankbar. Ausserdem hatte er immer Angst, dass ich etwas schmutzig mache. Ich durfte nicht mit Schuhen ins Haus, Wasserspritzer im Waschbecken musste ich sofort wegwischen.
Waren Sie immer nur bei ihm zu Hause?  Am zweiten Tag sind wir in ein Gasthaus in seinem Dorf gegangen. Der Wirt hat mir eine Kette mit weissen Wuersten um den Hals gelegt. Ich konnte nicht mehr, ich habe nur noch geweint.
Hat er Sie getroestet?  Nein, er wurde sehr wuetend. Er wollte mich nicht mehr heiraten, trotz seines Versprechens. Ich sollte mit dem naechsten Flugzeug zurueckfliegen. Aber das geht nicht - die Schande ist zu gross. In Aethiopien ist immer die Frau schuld, wenn ein Mann sie verstoesst. Dort kann ich nicht mehr leben.
Sie muessen ja einen denkbar schlechten Eindruck von Deutschland haben.  Ich glaube wirklich nicht, dass die Deutschen besonders nett sind. Am Flughafen Muenchen, wo ich umsteigen musste, hat mir kein Deuschter geholfen, nur ein Mann aus Aethiopien. Und auch hier - keiner hilft mir.
Was werden sie jetzt tun?  Ich weiss es nicht. Ich will hier bleiben. Aber mir ist klar, dass es nicht erlaubt ist.

...krass!

© Sueddeutsche Zeitung wahrscheinlich

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