find ich sehr nett zu lesen.... ich hoffe, das ist jetzt nicht zu sehr schwulen-feindlich - ist nicht so gemeint auf jeden Fall :-)

entnommen aus FOCUS Nr. 21 des Jahres 2000.... da sind auch gute Sachen drin manchmal....

"Hier schreibt Harald Schmidt: Leihwagen, Paris

Nehmen wir an, in einem Scorcese-Film wie Casino oder Good Fellas betritt Joe Pesci den Lift in einem Parkhaus, und kurz bevor sich die Tuer schliesst, draengen sich noch zwei Schwuchteln in den Lift, obwohl sie dort gar nichts zu suchen haben. Ausser der Naehe zu Joe Pesci: Er hat die beiden schon eine Weile aus den Augenwinkeln beobachtet, wie sie um ihn herumschlichen, als er die Formalitaeten fuer einen Leihwagen erledigte. Und nun die Frage: Sind die Gesichter der beiden noch erkennbar, wenn sich die Lifttuer wieder oeffnet? Sehen wir sie einfach nur als blutige Klumpen in der Ecke liegen, waehrend Mr. Pesci scheinbar teilnahmslos den Lift verlaesst und sich dabei nur etwas das Jackett zurechtrueckt? Oder gibt es zuvor einen Schnitt, und wir sehen den deutlich kleineren Pesci, wie er mit dem Kolben seines Revolvers auf die beiden einschlaegt und dabei schreit: "Was macht Ihr in diesem gottverdammten Lift, Ihr miesen kleinen Scheisser? Warum schleicht Ihr mir die ganze Zeit hinterher, Ihr dreckigen Schwuchteln?"
Schnitt. Muttertag im Parkhauslift des Flughafens Charles de Gaulle. Die beiden Bundesbuerger mit vermutlich homoerotischen Tendenzen, die neben mir stehen, wissen nicht, dass sie auf Tauglichkeit in einer kurzen Scorcese-Sequenz ueberprueft werden. Sie sind klein, dick, tragen Khakishorts und haben beide blond behaarte Schenkel. Auf dem Weg zum Leihwagenschalter sind sie mir hinterhergeschlichen. "Harald, Harald", zischelt es leise hinter mir. Bin ich Frau Lot, die sich gleich umdreht? Die beiden draengen sich also mit ihren schwitzenden Glatzen noch in den Lift, allerdings folgen sie mir  nicht aufs Parkdeck – zuviel Scorcese gesehen? - , sondern fahren wieder auf Ebene 0, wo sie hingehoeren. Sonst haetten sie sehen koennen, wie ich den Mercedes oeffnete und dann nicht starten konnte. Mehrfach probiert – zwecklos. Der Sixt-Mitarbeiter weist mich darauf hin, dass ich im falschen Auto sitze. Die Tuer konnte ich oeffnen, weil sie nicht abgeschlossen war.
Dabei haette ich gar keinen Leihwagen gebraucht, wenn ich nicht meinen Flug verpasst haette. Aber Stau – bouchon, passiver Wortschatz – wg. zweier Autos auf dem Dach und eins brennend. Der Fahrer bedient die Zentralverriegelung, als die ersten Herrschaften aus den Autos um uns die Wagen verlassen.
In der klimatisierten S-Klasse kommt mir die Berliner Rede unseres Bundespraesidenten in den Sinn. Von der unterschiedlichen Beurteilung multikulturellen Zussammenlebens aus der Perspektive eines klimatisierten Wagens  und umringt von Fremden in Bus und Bahn.
Aber wie ist es, wenn man in der S-Klasse umringt ist von jenem Typ franzoesischer Staatsbuerger, ohne den die Equipe tricolore immer noch zweitklassig waere?
Im naechsten Heft folgt die Analyse von Menschen, die bei Stau den Wagen verlassen und an der Leitplanke Dehnuebungen machen. Vive Michel Houellebecq!"

to the main-menu
to the text-selection