Gedanken zum Friedhof

Geschrieben von Feldulme am 3 August 2001 10:34:46:

Ok, Friedhof ist zwar als Thema fuer einen lustigen Text nicht so witzig - so aber wiederrum schon, finde ich... und ausserdem hat neulich ein Englaender genau das mit dem Display der Oeffentlichkeit vorgestellt... Feldulme!

Es ist gar nicht so einfach, auf einem Friedhof eine Bank zum draufsetzen zu finden. Entweder sind sie von alten Rentnerinnen besetzt oder sie sind so voll Vogelscheiße, dass man einen Laster bräuchte um diese zur Müllabfuhr zu bringen. Wenn man eine einigermaßen gute Bank besetzen will, muss man schon früh aufstehen. Mit früh mein ich aber vor der Morgendämmerung denn mit dem ersten Lichtstrahl sind auch die ersten Alten aufm Friedhof und schnappen die besten Plätze einfach weg. Die freuen sich nämlich total auf den Friedhof und weil sie es nicht abwarten können kommen sie ganz schnell und denken sich, dass sie ja auch Nachmittags schlafen konnten. Aber was soll das ganze Gerede, man geht ja nicht auf den Friedhof um sich auf eine Bank zu setzen. Das heißt, mit einer einzigen Ausnahme, die Feldulme heißt. Ich sitze gerade im Friedhof auf einer Bank und will auch gar keinen besuchen. Ist ja auch blöd und schon ein altes türkisches Sprichwort sagt: „Grabsteine haben keine Hände“. Das heißt das man nur ein Stück Stein und verrottete Knochen besucht. Mehr nicht und wenn es ganz hoch kommt besucht man nicht einmal verrottete Knochen sondern nur Staub und den bekommt man auf jeder besseren Landstraße. Vorausgesetzt die Sonne scheint und es hat nicht zwei Stunden davor geregnet. Auch ein See voll Blut würde eine Staubung verhindern.
Meine Bank ist arg, bös und übelst beschissen. Ich schätze es sind so an die 20 Kackflecken. Was das für Vögel waren weiß ich nicht und auch ob die Scheiße in der Luft abgeworfen oder von einem gefiederten Freund in der Hocke abgegeben wurde kann ich nicht ergründen.
Es ist jetzt 08:07 Uhr und ich hab jetzt hier schon mehr Menschen (alte Menschen) gesehen als um 09:00 Uhr in der Stadt rumlaufen und wenn man bedenkt, dass es auf diesem Friedhof keine Einkaufsläden gibt ist das schon ne komische Sache. Fast jeder Mensch der an mir vorbeikam trug eine grüne Gießkanne. Warum sind die meisten Gießkannen eigentlich grün? Damit man sie in irgendwelchen grünen Büschen verliert und sich immer wieder neue kauft? Naja egal. Doch das man wenig Menschen in der Stadt trifft hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass in der Stadt nichts los ist. Da is sogar aufm Friedhof mehr Party.
Gucke ich in diesem Moment geradeaus, sehe ich 8 Grabsteine die mir den Rücken zuweisen. Hinter mir wohnt Familie Barkholz und ich könnte wetten, dass da nicht die gesamte Familie unter der Erde liegt. Sicher läuft da noch irgendwo ein Barkholz rum und fühlt sich total ausgeschlossen.
Die Friedhöfe von heute sind ja eigentlich total langweilig. Egal wo und wann man auf irgendeinen Friedhof geht. Überall das Selbe: Steine, Kreuze, scheißende Vögel, alte Menschen, tolle Grabsprüche und viele, viele Zahlen die überhaupt keine Aussagekraft haben. Was nützen mir die Zahlen, wenn ich wissen will wie die Personen aussahen und woran sie starben? Gar nichts. Auf heutigen Friedhöfen hätte man keine Chance so was herauszufinden. Es gibt keinen einzigen Grabstein auf dem zuerst steht: „Die beste Mutter wo gibt“ und dann als Todesursache „Überdosis Heroin“ und das ist der Fehler. Menschen sind interessiert an anderen Schicksalen und neugierig wie Sau. Wenn Sie irgendwo auf einem Grabstein zum Ballspiel sehen, dass da einer nur 20 geworden ist dann freuen sie sich das sie schon 22 sind und noch leben. Und insgeheim denken die dann das der mit 20 ein Versager war und dabei hat nur sein Herz versagt. Ja, so sind Menschen.
Ich würde mir einen Friedhof wünschen, auf dem an jedem Grabstein ein Display angebracht wäre auf dem man kurz was über die Geschichte des Menschen und dessen Tod erfahren könnte. Auch ein Foto wäre schön und dienlich. Vielleicht gäbe es dann sogar Menschen die sich in ein Foto verlieben würden und dann ein verwaistes Grab pflegen würden. Des weiteren (Achtung diese zwei Wörter habe ich noch nie im Zusammenhang benutzt) könnte man die Gräber grob nach Themen ordnen. Sagen wir mal 5 Felder: Selbstmörder, Körperliche Müdigkeit, Drogen und Unfälle, Gewalt und Fallschirmspringer. Man solls ja nicht glauben, auf jedem Friedhof, rund um den Globus, liegen rund 50% nur verunglückte Fallschirm-springer. Böse Zungen könnten nun verlauten lassen das die Springer uns die Gräber wegnehmen aber das führt ja zu nichts. Das Themenfeld der Selbstmörder würde ich schwarz halten und auf jedem Grabdisplay würde das Foto sein, das von der Polizei kurz nach dem Mord geschossen wurde. Allein schon als Abschreckung und Erziehung aller Kinder. Außerdem könnte sich keiner in so ein Foto verlieben und dann das Grab pflegen. Wäre ja auch noch schöner erst dem harten Leben entfliehen und dann auch noch andere das eigene Grab machen lassen.
Themenfeld Körpermüdigkeit wäre hell und lieb eingerichtet. Vielleicht mit Polstermöbeln und Billardtischen oder so. Am Eingang des Themenfeldes würden als Grabsteine verkleidete Friedhofsgärtner die Leute begrüßen und jedem einen Friedhofswerbekugelschreiber (Aufschrift: Feld der Durchhalter) in die Hand drücken. Für die anderen Felder liegt im Moment kein Plan vor, würde mich aber über zugesandte Ideen sehr freuen. Neuerdings, so seit 20 Jahren, müsste man aber auch irgendwo zwischen den Themenfeldern ein kleines Massengrab für Autounfallopfer bereithalten. Natürlich nur für die, die besoffen von der Disco kommen und 18-25 Jahre alt sind. Man würde sie direkt vom Unfall zum Friedhof waren, rein in die Grube, Flasche Korn mit rein und dann können alle miteinander Party machen. Und was fehlt zur Party? Genau, Musik und deswegen würden unterirdisch 2000 Bass schlechte Technomucke die Gebeine erzittern lassen. Es würde nicht lange auf sich warten lassen, da würden die ersten Friedhofstouristen aus allen Herren Ländern kommen und die müssten dann natürlich zahlen. Menschen hingegen mit Verwandtschaft aufm Friedhof hätten dann eine Chipkarte. Mit dem Geld der Touristen könnet man das Selbstmordthemenfeld dann noch schwärzer streichen oder so.
Wenn es jetzt schon solche Displays gäbe würde, könnte ich einfach aufstehen, zum Grab von Familie Barkholz gehen und schauen ob das wirklich die ganze Familie ist, wer da wann gestorben sind und ob in der Familie auch ein geiles Luder war. Doch nein, da stehen nur ein paar Namen und Datumsangaben und das wars. Ich finde, jeder Mensch hat das Recht und hat es auch verdient an seinem Grab seine Memoiren veröffentlichen zu können. Klappe zu Geschichte tot.

© by Feldulme

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